HomeGesundheitNach dem Trauma: Schreckhafte Unsicherheit weicht sportlicher Vorsicht

Nach dem Trauma: Schreckhafte Unsicherheit weicht sportlicher Vorsicht

Nach einem E-Bike-Unfall entsteht nicht selten eine Art Trauma: Jede Situation, die nur im Ansatz ähnlich ist, kann dann schreckhafte Unsicherheit auslösen. Sie zu überwinden, ist wichtig und möglich.

Niki Lauda und der „Herminator“

Ich verehre grundsätzlich keine „Helden“. Aber: Es gibt Menschen, die mir einen verdammten Respekt abverlangen. Dazu zählen u.a. die beiden österreichischen Sportler Niki Lauda (Formel 1 Weltmeister) und Hermann Maier (Ski Weltmeister). Warum?

  • Niki Lauda hat sich nach einem dramatischen Unfall wieder an die Weltspitze der Formel 1 zurück gekämpft.
  • Gleiches tat Hermann Maier im Bereich des Skisports nach einem ebenfalls dramatischen Unfall.

Neben der sportlichen Leistung imponiert mir vor allem eines: Die Überwindung der mutmaßlichen Angst, dass sich so ein Unglück noch einmal wiederholen könnte. Eine solche Angst ist schwer kontrollierbar! Sie lauert als Unfalltrauma tief im Inneren, ohne dass man sie wirklich aktiv steuern könnte. Ob und wie weit dies gelingt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Man muss ich davon überraschen lassen, was einem selbst im Fall der Fälle gelingt oder nicht. Simulation ist unmöglich. Was Lauda und Maier geschafft haben: Für mich unglaublich!

Selbst kleine Unfällen können leichte Traumata bewirken

Warum beschäftigt mich das? Weil ich nach meinem Unfall Anfang Juli nicht nur einen nervigen und nach wie vor schmerzhaften  Schlüsselbeinbruch abbekommen habe, sondern zudem eine schreckhafte Unsicherheit, die mich seit Wochen immer dann heimsucht, wenn ich mit dem E-Bike irgendwie in auch nur noch so leichtes Rutschen komme. Mehrere Wochen lang durchzuckte mich jedes Mal ein kleiner Stromschlag.

Aber. Heute war der erste Tag, an dem ich mich mit diesem Phänomen intensiver auseinandersetzte: Es galt, wieder bewußt mehr zu wagen und die Psyche an eben diese Überraschungsmomente zu gewöhnen, indem das E-Bike von einem Moment auf den anderen die 100%-ige Bodenhaftung verliert. In diesen Momenten mahnt das adaptive Unterbewusstsein: „Vorsicht! In ähnlichen Situationen hast Du schmerzhafte Erfahrungen gesammelt!“ Es gilt diese instinktive Reaktion umzuprogrammieren in: „Gut so! Mit ähnlichen Situationen hast Du viele gute Erfahrungen gesammelt!“

Schon am heutigen Vormittag begann ich damit, alt bekannte Strecken wieder sportlicher zu durchfahren als die Wochen davor. Stets dabei – eine schmerzende Schulter, die mich nahezu jeden Moment daran erinnert, warum ich das überhaupt mache. Dabei stellte ich mir tatsächlich vor, wieviel schwieriger Gleiches für Niki Lauda und Hermann Maier gewesen sein muss – die trugen z.T. verheerende Verletzungen davon. Dagegen bin ich mit meiner Schulter eine echter Glückspilz. Aber: Das muss man sich und seinem Schmerzgedächtnis und adaptiven Unterbewusstsein erst einmal klarmachen. Auch ein leichtes Trauma kann tief sitzen.

Bergauf Risiko. Bergab Vorsicht.

Ganz bewußt stieg ich daher heute Abend noch einmal aufs E-Bike, um wieder einmal die Aschauer Skipiste hinauf zu fahren. Das ist mit dem nach wie vor  eingeschränkten rechten Arm kein Vergnügen. Klappte aber super. Selbst die richtig steilen Stellen meisterte ich heute super. Aber: Immer wieder rutsche das Hinterrad weg, immer wieder erschütterten kleine Hubbel das E-Bike (es hat keinen gefederten Sattel), was wiederum meine Schulter unzählige Male durchschüttelte und gut spürbar strapazierte. Schließlich nahm ich sogar oberhalb der Schlechtenberger Kapelle das Stück Skipiste in Angriff, das ich mit dem KTM 271 LFC bzw. mit den Schwalbe Smart Sam Reifen noch nie bewältigt habe: Hier lauern lauter kleine Hügelchen kombiniert mit rutschigem Boden und äußerst starker Steigung. Jeder Meter rüttelt einen durch. Man verliert unentwegt den Grip und rutscht schräg am Hang überraschend weg. Immer wieder renne ich gegen den Berg an. Keine Chance: Ich habe es auch diesmal nicht weiter als vielleicht 50m geschafft. Aber: Ich habe mich in diesem unwegigen Gelände nach und nach meine Schreckhaftigkeit abgewöhnt.

Anders formuliert: Das Unerwartete wurde wieder ein Teil positiver Normalität. Teil des Vertrauens darin, dass in ähnlicher Situation nicht immer gleich ein Unfall passieren muss. Gut so! Der Teil der Übung war äußerst erfolgreich. Nichts desto trotz habe ich bei der Abfahrt sehr darauf geachtet, nicht schneller zu fahren als notwendig. Hier geht es nicht mehr um das Überwinden schreckhafter Unsicherheit, sondern um besonnene Vorsicht, denn: Für mich steht heute fest, dass ich bergab in der Vergangenheit häufig mehr gewagt habe als gut gewesen ist. Schotterwege sind gerade bergab immer ein unsicheres Pflaster. Daher fuhr ich diesmal downhill nicht schneller als 43 km/h. Sonst waren es nicht selten deutlich über 50 km/h.

Mein Fazit: Die Schreckhaftigkeit nach einem leichten Trauma hat erfolgreich nachgelassen. Die gesunde Vorsicht hat zugenommen. So soll es sein. Niki Lauda und Hermann Maier sind ohne Frage weit darüber hinaus gegangen: Sie haben sich wieder in Grenzbereiche des Hochrisikos gewagt. Bewundernswert?! Einerseits ja. Andererseits muss man sich auch nicht in jeder Hinsicht mit derart extremen Menschen vergleichen. Es gilt, den eigenen Weg und den richtigen Zeitpunkt zu finden, um mit sich mit entsprechenden Themen auseinanderzusetzen.!

Bilder von der Skipiste Aschau. Der Teil nach der befestigten Strecke ist vor allem wegen der Kombination von Steigung und kleinhügeligen Boden anspruchsvoll. Doch es klappte – und es half, die innere Unsicherheit wieder in sportliche Vorsicht umzuwandeln.

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