Was macht man bei Schneeregen im Herbst? Man könnte z.B. ins Technikmuseum Berlin gehen. Dort wurde ich von der Geschichte des Fahrrads überrascht.
Der Anlass: Tagelang vorbei am TEE
Die Idee, dieses Wochenende ins Technikmuseum Berlin zu gehen, entstand eigentlich wie von selbst: Anderthalb Wochen lang fuhr ich jeden Tag zweimal mit dem Fahrrad am Technikmuseum vorbei – und bis Mittwoch konnte man dort direkt neben dem Fahrradweg den legendären Trans Europa Express sehen, den TEE. Verewigt nicht zuletzt durch den gleichnamigen Song von Kraftwerk.
Die Baureihe 601 weckte sofort Erinnerungen an meine Schulzeit im Otto-Hahn-Gymnasium, nahe dem Göttinger Bahnhof. Dort hielt der TEE regelmäßig bis er irgendwann Ende der 70er von 103-getriebenen Intercity’s ersetzt wurde. Leider war es mit dem TEE auch im Technikmuseum Berlin schneller vorbei als erwartet: Das aufwändig renovierte Ausstellungsstück wollte einfach nicht bis zum Wochenende warten und wurde unter der Woche wieder abgeholt und nach Nürnberg gebracht. Wie ich nachher feststellte, war er länger da als geplant – eigentlich sollte er schon im Oktober wieder zurück nach Nürnberg. Um den TEE zu sehen, bin ich folglich nicht mehr ins Technikmuseum gefahren, eher um andere Lokomotiven, Autos und Flugzeuge bei nasskaltem Wetter anzuschauen.
Die Überraschung: Historische Räder
Tatsächlich hatte ich nicht eine Sekunde vor dem Betreten des Technikmuseums darüber nachgedacht, dass dort auch historische Fahrräder zu finden sind. Auf sie trifft man – je nach Strecke – sogar ziemlich am Anfang des Rundgangs. Sie stehen in einem Durchgang, wenn man zur Eisenbahnausstellung möchte.
- Chronologisch aufgestellt trifft man zunächst auf ein Drai’sches Laufrad von 1817 – das ist aus Holz und über 200 Jahre alt. Schon auf den ersten Blick ahnt man: Bequem war das nicht! Wenn man bedenkt, mit welchen Hightech-Sätteln man heute fährt … Die 15 Kilometer von Mannheim bis Schwetzingen werden sicherlich noch Tage später spürbar gewesen sein!
- Ein etwas jüngeres Exponat ist das Tretkurbelrad von 1867. Mit solchen Rädern, an denen die Kurbel noch am Vorderrad angebracht war, wurden sogar schon Wettrennen gefahren. Das beim Straßenrennen von Paris nach Rouen 1869 nur gut ein Drittel der Teilnehmer im Ziel ankam, verwundert nicht, wenn man sich die massive Bauweise anschaut, die dieses Rad besitzt.
- Weiter ging es mit einem Hochrad 1886. Dieses hatte ebenfalls die Pedalen vorne. Allerdings ahnt man, wieviel Geschick es erfordert haben muss, so ein Gefährt zu bedienen – ohne hinunterzufallen versteht sich. Ich habe mich auch gefragt, wie man überhaupt erst hinauf kommt. Gott sei Dank gibt es dazu Videos, die einen zusätzlich noch darüber aufklären, dass diese Form des Fahrrads vor allem zwischen 1870 und 1885 produziert wurde – also gerade mal 15 Jahre.
- Insofern verwundert es dann doch, dass nur drei Jahre später mit dem Eisenacher Herold ein formschönes Fahrrad mit Kettenantrieb gebaut wurde, das heutigen Fahrrädern bereits sehr nahe kommt. Besonders beeindruckend dabei: Die Massivität der Kette – sie würde jedem Motorrad die Ehre gereichen. Last but not least gab es noch ein Eisenbahnfahrrad zu sehen. Interessante Erfindung.
Das Fazit für mich war recht erhellend: Zwischen dem Eisenacher Herold und der Erfindung des E-Bikes lagen mehr als hundert Jahre. In dieser Zeit wurde zwar das Prinzip des Fahrrads laufend optimiert – es blieb aber im Hinblick auf die Gesamtkonstruktion nahezu selbstähnlich. Respekt!
Das Bild des TEE Modellreihe 601 entstand wenige Tage vor dem Besuch des Technikmuseums Berlin beim Radeln zum Arbeitsplatz. Am Tag des Besuchs war er bereits zurück nach Nürnberg gefahren. Dafür überraschte mich das Museum mit historischen Rädern. Als leidenschaftlicher E-Biker haben diese – kaum verwunderlich – mein besonderes Interesse erregt.