Zum Beitrag über die Erstreinigung meines KTM 271 LFC mit dem Kärcher OC3 Mobile Reiniger erhielt ich einen interessanten Kommentar: Warum sein E-Bike nicht mit Wassereimer und Handbürste reinigen? Dies sei doch wassersparender. Eine Stellungnahme.
Zu meinem Beitrag über den OC3 Mobile Cleaner von Kärcher erhielt ich von Horst S. folgenden Kommentar : „Für was braucht man dann einen Kärcher Mobile Cleaner, wenn man erst mit Bürste arbeitet! Ein Eimer Wasser und Bürste macht das selbe und hab dabei keinen Strom und unnötig viel Wasserverbrauch!!!“ Ich fand den Kommentar interessant, weshalb ich hier kurz auf die Aussagen eingehen möchte.
Eine berechtigte Frage!
Zu allererst: Ich finde die Frage berechtigt. Sonst würde ich mich auch nicht damit auseinandersetzen. Sie trifft einen Punkt, an dem ich selbst mitunter zwiegespalten bin: Braucht man für alles Technik, wenn man Gleiches manuell machen könnte? Vielleicht sogar noch besser? So gesehen ist schon die Frage, ob man ein E-Bike benutzen sollte, durchaus ernsthaft diskussionsfähig: Warum nicht ganz normal ganz aus eigener Kraft radeln? Zu meiner Meinung auf diese Frage bin ich bereits an anderer Stelle eingegangen.
Das Reinigen eines E-Bikes ist nur auf den ersten Blick ähnlich gelagert: Hier ist der Vorteil der Technik nicht ohne weiteres sofort erkennbar, denn ein Mobile Cleaner ist kein Hochdruckreinigungsgerät. Der Vergleich mit dem manuellen Reinigen stellt sich meiner Meinung nach tatsächlich. Und das interessanterweise weniger auf einer funktionalen, sondern auf einer Art „ethischer“ Ebene, denn die Frage von Herrn S. zielt auf Wasserverbrauch und – indirekt – auch auf die Frage, weshalb Technik gekauft wird, wenn es solide Handarbeit auch tut.
Als langjähriger (Hobby-)Handwerker habe ich sogar häufig ähnlich argumentiert: Warum eine Elektrosäge nutzen, wenn es mit der Handsäge aus meiner Sicht sogar oft besser geht? Warum einen Akku-Schrauber nutzen, wenn man den normalen Schraubenzieher verwenden kann (von einigen Ausnahmen abgesehen)? Wozu eine elektrische Zahnbürste, eine Elektro-Kaffeemühle? Erstere nutze ich nicht. Letztere schon. Oder warum eine Alexa? Die verwende ich fast nur für das An- und Ausschalten des Lichts. Das wiederum mehrmals täglich – könnte ich nicht auch aufstehen und all das, was Alexa macht, manuell machen? Wäre es nicht sogar gesünder, als auf dem Sofa zu sitzen und voicegesteuert Bewegung zu minimieren und das auch noch zu toll und avantgardistisch zu finden? Wäre es nicht sogar privater, wenn Alexa nicht dauern mithören könnte?
Brauche ich wirklich eine Alexa?
Die Frage hinter der Frage lautet für mich: Bedarf es für die Nutzung von Technik einer Begründung, wenn der Einsatz von Technik nicht wirklich ganz offensichtlich erforderlich ist? Ist Technik nicht allzu oft eine Art „nette Spielerei“, die am Ende des Spiels vor allem Sondermüll zurückläßt? Ich finde die Frage gut, auch wenn sie nicht klar beantworten kann, obwohl sie mich und mein eigenes Verhalten in vieler Hinsicht betrifft. Insofern erlaube ich mir eine Art philosophische Antwort:
- Es gibt viele Dinge, die ohne Technik nicht ansatzweise adäquat realisiert werden könnten (z.B. ein elektrischer Rollstuhl)
- Es gibt auch sicherlich eine (nahezu unsichtbare) Grenze an der technischer Schnickschnack kaum etwas anderes ist als (umweltschädlicher) Überfluss.
- Und es gibt einen Bereich dazwischen, bei dem jeder individuelle Schwerpunkte setzen kann, ob man etwas rein manuell oder mit technischer Hilfe umsetzt.
Zu letzterer Kategorie zählen bei mir das E-Bike als auch ein Mobile Cleaner – egal von welcher Firma: Er erleichtert vieles – nicht nur beim Reinigen von E-Bikes, sondern auch bei anderen Dingen wie Gartenmöbeln, Blumentöpfen oder allerlei anderen Dingen, die schnell verschmutzen. Ich habe sogar schon meine Kleidung nach einem nächtlichen Sturz mit dem Mobile Cleaner gereinigt, weil er gerade im Winter eine hervorragende Alternative zum Gartenschlauch ist (der im Winter wegen Frost bei mir nicht überall eingesetzt werden kann). Im Winter ist das E-Bike zudem nach nahezu jeder Fahrt enorm verdreckt und das Hantieren mit Gartenschlauch, Eimer und Bürste im Garten keine echte Alternative – zumindest nicht für mich, der jeden Tag mehrmals sein E-Bike nutzt!
Vom Nutzen der Handarbeit
Aber warum mache ich mir die Mühe all das auszuführen? Ist es eine Rechtfertigung dem mir unbekannten Horst S. gegenüber? Nein! Im Kommentar seinem schwingt vielmehr ein Aspekt mit, den ich gut finde: Wenn ich etwas manuell machen kann, darf ich mir selbst die Frage stellen, warum ich stattdessen Technik einsetzen möchte oder sollte. Mit derlei Fragen macht man sich das Leben sicherlich nicht leichter. Solche Abwägungen kosten Zeit. Sie führen auch nicht immer zu einem klaren Ergebnis! Aber: Überlegungen dieser Art sind aber keinesfalls unnütz, schon gar nicht in einer hoch- z.T. auch übertechnisierten Welt, in der Menschen Alltagsdinge immer der Technik übergeben und damit vor allem eines einbüßen: Problemlösungfähigkeit!
Das manuelle Agieren, so meine Meinung, war und ist für mich deshalb stets ein so hoher Wert gewesen, weil es mich immer wieder gezwungen hat, mit z.T. suboptimalen Mitteln ein Ziel möglichst gut zu erreichen. Dabei entwickelt man wie von selbst Beobachtungsgabe, Geschicklichkeit, Improvisationsvermögen, Kreativität und Durchhaltevermögen, um Probleme eigenständig-kreativ manuell zu meistern. Meine Erfahrung: Gerade besonders knifflige manuelle Tätigkeiten gehen unbewußt „in Fleisch und Blut“ über. Die dadurch gewonnenen intuitiven Erfahrungen und Fähigkeiten sind wiederum besonders wertvoll, wenn es darum geht, in einer hochtechnisierten Welt die Probleme zu lösen, für die Technik noch keine Lösung parat hat. Aus genau dem gleichen Grund stürze ich mich auch immer wieder in vermeintliche Abenteuer, bei denen andere mitunter den Kopf schütteln: Warum also fahre ich nicht selten sturköpfig eine Skipiste mit dem E-Bike hinauf? Weil ich die von Beginn an erwarteten Widerstände überwinden will – und ihnen gerade nicht ausweichen möchte.
Meine berufliche Problemlösungsfähigkeit in der digitalen Welt – so meine Selbsteinschätzung – beruht ganz wesentlich auf meinen Erfahrungen als jahrelang versierter Handwerker: Ein Mensch, der im wahrsten Sinne des Wortes seine Hände nutzt, um Dinge zu bauen, zu gestalten oder auch etwas mit der Hand zu reinigen. Die gleichen Hände nutze ich als (E-Bike-)Abenteurer, um das E-Bike am steilen Berg auf z.T. vereister Streck mit großer Anstrengung ohne Schiebehilfe zu schieben, weil die Technik nicht mehr weiterkommt.
Technik und manuelle Erledigung von Arbeit sind keine Gegensätze – im Gegenteil! Sie ergänzen sich! Ausgezeichnet sogar!
Daher mein Entschluss: Zumindest im Sommer (ohne Frost und bei Licht) werde ich möglichst oft das E-Bike mit der Hand reinigen. Das spart zwar kaum Wasser (wie Horst S. vermutet), aber ich finde es gut, wenn ich so oft es geht, die Technik nicht der guten alten Handarbeit den Vorzug gebe.
In diesem Sinne: Danke lieber unbekannter Horst S. für den Denkanstoß!
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