Seit Wochen überlege ich, welches Rad für eine Stadt wie Berlin wohl für mich das richtige ist: E-SUV, E-Klapprad oder ein klassisches Damenrad? Eines wird es sicherlich nicht: Ein E-Bike Klapprad für 3.500€.
Ein E-Bike in den Alpen? Ohne Zögern: Ja klar! Aber E-Bike in der Großstadt? Gar nicht so einfach, hier eine Entscheidung zu treffen, denn es gibt nicht nur unterschiedliche E-Bike-Typen, sondern auch generelle Pro- und Kontra-Faktoren. Nutzt man wie ich das (E-)Bike in der Stadt überwiegend als Berufspendler, stellen sich schnell einige Fragen:
- Wie bekomme ich ein 25 kg schweres Rad jeden Morgen aus dem Keller (denn es immer draußen stehen zu lassen ist nicht so doll …)
- Wie sichert man es am Arbeitsplatz oder der eigenen Wohnung gegen Diebstahl ab – gerade in Berlin soll es viele versierte Langfinger geben?
- Wie sind die Nutzungsgewohnheiten am Wochenende: Macht man tatsächlich längere Touren?
Man kann es drehen wie man will: Ein E-Bike in der Stadt will wohl überlegt sein. Es gibt für mich nach wie vor kein klares „Ja“, denn offenbar klappt die Fahrt zur Arbeit und zurück auch mit einem alten Damenrad mit Rücktrittbremse. Das kann ich sogar guten Gewissens immer draußen stehen lassen. Egal bei welchem Wetter. Und wer das klaut ist selbst Schuld.
Aber: So richtig gut funktioniert das leider auch nicht. Und für einen Diabetiker wie mich ist das Radeln immer eine Art Roulette-Spiel: Gerade bei der Heimfahrt kam es jetzt mehrfach überraschend in kürzester Zeit zu massiver Unterzuckerung (> 55 mg/dl). Das kann man mit einem Müsli-Riegel wieder auffangen – dann hat man danach aber stundenlang zu hohen Blutzucker-Spiegel. Noch wichtiger: Es ist aufgrund der Unberechenbarkeit trotzdem immer riskant. Beim E-Bike ist nicht nur die Gefahr der Unterzuckerung deutlich (!) geringer, sondern auch die Möglichkeit, mit E-Antrieb im Fall der Unterzuckerung trotzdem weiter zu kommen.
Welcher (E-Bike)-Typ ist für Diabetiker der geeignetste?
Kurzum: Für Diabetiker ist ein E-Bike auch in einer Stadt wie Berlin eine gute Sache. Dann aber die Frage: Welcher Typ? Hier spielen wiederum die räumlichen Verhältnisse eine wichtige Rolle. Man muss sich einfach fragen, ob man da, wo man wohnt, und dort, wo man arbeitet, ein E-Bike auch gut unterbringen kann. Nicht ohne Grund habe ich daher das E-Bike Klapprad in Erwägung gezogen. Es gibt sie schon für kleines Geld (u.a. Zündapp z101 für ca. 750- 800€) oder auch ein deutlich teureres Herkules Rob Fold für z.T. über 3.000€.
Verschiedene Test werfen einen Blick auf die Vor- und Nachteile, so u.a. Autobild oder testbericht24 Aber jenseits aller Vorteile: Würde ich mit so einem Klapprad am Wochenende von Berlin nach Potsdam und wieder zurück radeln wollen? Oder auch nur zum Wannsee und zurück? Selbst die Klappräder mit stärkerem Motor und größerer Reichweite könnten hier an ihre Grenzen geraten. Und dafür dann z.T. über 3.000€ ausgeben – oder wie auf dem ersten Bild unten gleich 3.700€?
Puh. Da frage ich mich ernsthaft, wer so ein E-Bike Klapprad für welchem Use Case kauft. Vielleicht, um das Klapprad auf dem Gepäckträger des Wohnmobils (im Wert von 300.000€) mit in den Urlaub zu nehmen? Bei den Gesamtkosten fällt ein E-Bike-Klapprad doch gar nicht mehr ins Gewicht! Dieses Luxusproblem habe ich allerdings nicht. Insofern ist heute schon einmal eine Negativ-Entscheidung gefallen: Ein E-Bike Klapprad wird es für mich nicht. Lieber ein Gazelle-Rad – gerne als Damenrad (wegen dem Tiefeneinstieg). Egal, ob mit oder ohne Motor: Beide Varianten wiegen weniger wie ein E-Bike Klapprad, zudem hat die Motor-Variante auch noch eine höhere Reichweite. Schließlich ist sie nicht nur bequemer, sondern auch deutlich günstiger. Und zeitlos chick ist eine Gazelle auch.
In den 70ern hatte fast jeder ein Klapprad
Übrigens: Wer wie ich den geburtenstarken Jahrgängen angehört, könnte sich neben „Bonanza-Rädern“ ggf. auch noch an die „Klapprad-Welle“ erinnern. Ohne Übertreibung – nahezu jede Familie hatte eins. Und wurde es wirklich regelmäßig benutzt? Vermutlich eher nicht. Die allermeisten Klappräder haben niemals einen Kofferraum von innen gesehen. Sie standen 99% der Zeit ausgeklappt im Keller, bis irgendjemand das gute Teil ausgemustert hatte. Die Welle dauerte gefühlt wohl keine fünf Jahre. Es könnte sein, dass es mit den E-Bike Klapprädern ähnlich verläuft. Dann allerdings mit viel höherem Kapital- und Ressourceneinsatz.
Ein Herkules E-Bike Klapprad für 3.700€? Es ist sicherlich sehr gut verarbeitet, aber wie sieht der Use Case aus? Das Gewicht ist auch nicht zu unterschätzen: Wer die zwischen 20 und 30 kg schweren Klappräder in den Keller tragen muss, kann sich auch gleich ein normales Rad holen: Die sind oft einfacher zu tragen. Sicher gibt es gute Use Cases für so ein E-Klapp-Radl, aber für mich ist es keine Alternative.