Das Gleichgewicht beim Radfahren ist wichtig?! Eine Binsenweisheit! Beim E-Bike ist das Gleichgewicht aber aus einem ganz einfachen Grund noch wichtiger: Weil nicht nur die eigene Kraft, sondern auch der Motor darüber bestimmt, wie sich das E-Bike verhält – Überraschungen inbegriffen!
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Vorab: Es gab bei mir während der bisherigen 2.500 km mit dem E-Bike nur wenige wirklich kritische Momente. Zwei davon waren allerdings so kritisch und zugleich so unerwartet, dass ich seit dem nahezu jeden Tag kurze Gleichgewichtsübungen mache – einfach so!
Zunächst zu den beiden Erlebnissen:
- Das erste Mal überraschte mich das KTM 271 LFC eiskalt, nachdem ich als mittlerweile geübter Bergfahrer erfolgreich die Aschauer Skipiste mit mehr als 30% Gefälle hinunter gefahren bin. Die Überraschung erfolgte aber nicht am Berg, sondern unten am Ende, als ich auf einem Kiesweg wegen einer kurz zuvor entstandenen, ca. 50x20cm großen bei Starkregen entstandenen „Regenrinne“ abbremsen mußte. Das Bremsen selbst war kein Problem, wohl aber das Loslassen der Bremsen. Mit einem komplett unerwarteten Satz sprang das E-Bike unkontrolliert nach vorn und anschließend zur Seite. Bei 75 NM Kraftentfaltung kann so ein Hüpfer recht heftig ausfallen, wenn zwei Faktoren zusammenkommen: Man hat den Motor der Bosch CX Performance auf Turbo stehen UND man hat das E-Bike kurz zuvor scharf abgebremst (wie in diesem Fall). Bei dieser Kombi kann sich unter bestimmten Umständen Energie anstauen, die sich beim Lösen der Bremsen ruckartig entlädt. In solchen Momenten ist ein guter Gleichgewichtssinn elementar, denn das E-Bike besitzt so viel Kraft, dass es mich bei 87 KG leicht hätte umhauen können.
- Ein zweiter völlig unerwarteter Fall ereignete sich Anfang Dezember in Erl (Österreich) als ich auf der Straße eine Spitzkehre machen wollte. Auch hier entwickelte das E-Bike unerwartet mehr Kraft als vermutet, denn ich hatte (wie nicht selten) den eMTB-Modus eingeschaltet, obwohl ich ihn in der Ebene gar nicht (mehr) gebraucht hätte. Ruckartig zwang mit das E-Bike bei eingeschlagenem Lenkrad in die Knie – oder besser auf die Straße. Dort lag ich tatsächlich einige Sekunden bei grds. laufendem Verkehr. Will heißen: Nachdem ich bereits unzählige anspruchsvolle E-Bike-Kilomenter gefahren war, fühlte ich mich (fälschlicherweise) sicher. Seit dem Fall übe ich quasi jeden Tag vor und/oder nach einer Tour das Fahren enger Kurven mit gleichzeitiger Übung von Schaltroutinen.
Gerade weil ich mich definitiv nicht mehr für einen E-Bike-Anfänger halte, möchte ich umso mehr betonen, dass ich trotzdem nach wie vor regelmäßig vermeintliche „Anfänger-Übungen“ mache, wie sie u.a. in den folgenden Videos dargestellt sind. Dazu zählt insbesondere das kontrollierte Langsamfahren – und wie heißt es in einem der Beiträge so schön: „Nur wer gut langsam fahren kann, kann auch gut schnell fahren.“ Das wiederum gilt für das E-Bike noch mehr als für das normale Rad, denn um mit einem E-Bike langsam zu fahren, heißt, nicht nur die eigene Kraft zu dosieren, sondern auch die des Motors routiniert zu kontrollieren. Dabei orientiere ich mich grds. an Übungen, wie sie an vielen Stellen im Internet zu finden sind z.B. bei Fahrtechnik.tv.
- Das erste und zweite Video von Fahrtechnik.tv zeigt Übungen für E-Biker und MTB-Fahrer*innen die jeder kennen sollte (aber nicht alle beherrschen muss).
- Das dritte Video gibt Impressionen von der ENDURO One 2018 in Aschau – um so zu fahren muss man vor allem eines: Üben! Dabei zählen auch viele (vermeintlich kleine unauffällige) Übungen die man im Fahrerlager beobachten konnte.
- Das vierte Video zeigt meine eher kurze „Stammstrecke“ im Winter bei zerklüftetem Boden (nach Sturmschäden) und vereistem Feldweg. Um diese Strecke mit ca. 90 Höhenmetern Differenz und mehreren kurzen Steilstrecken zu jeder Jahreszeit ohne Probleme fahren zu können gilt: Immer wieder aufs Neue die gleiche Strecke fahren – zum Teil auch nachts & mit Schnee.
Und nun die Videos anschauen!
Meine Meinung
Ich schaue immer wieder mal bei den „Profis“ vorbei (im realen Leben aber auch im Internet). Von ihnen kann man im Hinblick auf Gleichgewicht und Balance mehr als nur einzelne Übungen lernen. Was sie meiner Meinung nach (in vielen Fällen) auszeichnet ist, dass sie trotz ihrer Routine und ihres Könnens immer wieder die gleichen Übungen diszipliniert durchführen. Sie scheinen mehr als mancher Beginner zu wissen scheinen, dass es gerade diese vielen kleinen und wiederholenden Schritte sind, die Sicherheit verleihen.
Besonders eindrucksvoll konnte ich das 2018 erleben, als in Aschau direkt vor meiner Haustür die Enduro One ausgetragen wurde – mit einigen der besten Mountain-Bikern überhaupt. Ich hatte damals selbst weder ein E-Bike, noch ein halbwegs brauchbares MTB. Aber ich konnte diese Experten bei ihren unzähligen Micro-Übungen beobachten. Genau deshalb mache ich sie auch – wenngleich auf meinem ganz persönlichen Leistungsniveau, ganz ohne Beweisdruck, nur für mich selbst.
Das Bild zeigt, wie man die Gleichgewichtsübung der Videos auch gut und noch sicherer umsetzen kann: Oft gibt es jüngere Bäume, die durch Pfähle flankiert werden. Natürlich sollten die Bäume nicht zu jung sein, sondern wie in diesem Beispiel ca. 20cm Durchmesser haben. In diesem Fall kann man dafür umso besser das Vorderrad in der Lücke zwischen Baum und Pfahl einschieben und anschließend die Balance üben, ohne nach rechts oder links umzufallen. Der Baum selbst nimmt dabei übrigens keinen Schaden – vernünftige E-Bike-Nutzer*innen unterstellt.