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Notfalldaten auf der Elektronischen Gesundheitskarte: Ein Muss für E-Biker*innen!

Jedes Jahr verunglücken tausende E-Biker*innen. Überdurchschnittlich viele dieser Unfallopfer besitzen relevante Vorerkrankungen. E-Biker*innen sind daher gut beraten, ihre Notfalldaten auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu speichern.

Chancenpotenzial:
Risikopotenzial:
Prävention:
Stabilisation:
Heilung

Überblick:

E-Biker*innen verunglücken nicht nur überdurchschnittlich häufig, sie besitzen zudem besonders häufig relevante Vorerkrankungen. E-Biker*innen sollten daher Ihre Notfalldaten auf der Elektronischen Gesundheitskarte speichern lassen. Im Artikel wird beschrieben, worauf dabei zu achten ist.

eGK

Die Elektronische Gesundheitskarte der gematik, die E-Biker*innen von ihrer Krankenversicherung erhalten. Auf dem Chip können die Notfalldaten gespeichert werden. Für viele E-Biker ist dies  sinnvoll – auch für mich. Deshalb habe ich meine Notfalldaten auf meine eGK aufspielen lassen!

1. Notfalldaten auf der Elektronischen Gesundheitskarte

Seit Juli 2020 besteht die Möglichkeit, Notfalldaten auf der Elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu speichern. Bewußt wurde mir das aber erst vor wenigen Wochen als ich auf die Website meiner Aschauer Hausarzt-Praxis schaute: Dort ist es oben auf der Homepage einer der ersten Punkte. Erst in diesem Moment wurde mir klar, dass ich meine Notfalldaten vom behandelnden Hausarzt auf die eGK speichern lassen kann. Eine gute Idee! Diese Daten waren nämlich bislang nirgends bei mir abgespeichert oder hinterlegt – weder auf Papier, noch in einer App oder der elektronischen Gesundheitskarte.

Dabei besitze ich eine einschlägige Krankenhistorie, deren Kenntnis im Fall der Fälle für Ärzte wichtig ist:

  • Seit einer Pankreas-Linksresektion habe ich Diabetes Typ 1 und keine Milz mehr.
  • Bei mir ist zudem ein 20×30 cm großes „Herniengitter“ implantiert.
  • Seit einer doppelten Thrombose nach der letzten OP nehme ich Blutverdünner.
  • Hinzu kommen diverse andere Themen, die Ärzte im Notfall interessieren werden.

Mindestens ebenso wichtig: Trotz oder gerade wegen dieser Vorerkrankungen fahre nach wie vor gerne E-Bike. Damit gehöre ich automatisch einer relevanten Risikogruppe an! Bei mir kommt hinzu, dass ich ein durchaus „abenteuerfreudiger“ E-Biker bin, keinerlei „Schongang“ einlege und deshalb schon den einen oder anderen „Touchdown“ hinter mir habe. Andererseits auch ein relativ routinierter und auf Sicherheit bedachter, mit allerlei Schutzausrüstung „bewaffneter“ E-Biker (Helm, Handschuhe, Rückenprotektor, MTB-Schutzhose etc.). Aber: All das ist nie wirklich 100% sicher.

Vor diesem Hintergrund ging ich zu meinem Hausarzt und ließ meine Notfalldaten auf die eGK meiner Krankenkasse übertragen. Gleiches sei allen anderen E-Biker*innen empfohlen, denn:

2. E-Bike-Unfälle nehmen weiter zu

Zunächst zu den Fakten: E-Bike-Unfälle sind nach nahezu allen offiziellen Statistiken überdurchschnittlich häufig. Während allgemein die Unfallzahlen sanken, schnellten sie 2020 bei E-Bikes um 20% in die Höhe. Sowohl lokal als auch überregional, siehe u.a.:

Das liegt einerseits an den rasant gestiegenen Verkaufzahlen: Sie sind je (nach Statistik) im Jahr 2020 noch schneller gestiegen als die Anzahl von E-Bike-Unfällen, siehe u.a.:

Die Zunahme von E-Bikes ist damit eigentlich schon Grund genug für die gestiegene Anzahl an Unfällen. Hinzu kommt, dass E-Bikes nach verschiedenen Studien häufiger genutzt werden als herkömmliche Fahrräder. Doch die Art der Unfälle und die Unfallbeteiligten lassen aufhorchen!

Neue Statistiken besagen nämlich, dass es gerade bei älteren Menschen verstärkt zu Unfällen kommt. Dies wiederum ist oft auf die fehlende Beherrschung des E-Bikes zurückzuführen. Kontrollverlust ist danach einer der Hauptursachen vieler E-Bike-Unfälle. Relevante Gefahr droht zudem von parkenden Autos. Und manche*r Radler*in trägt ganz bewusst keinen Helm, weil dieser die Frisur beeinträchtigen könnte.

Kurzum, Gefahren für E-Biker*innen lauern in der Stadt ebenso wie auf dem Land bzw. in den Bergen – das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Nähere Infos dazu u.a. unter:

Letztlich kann dahingestellt bleiben, was die genauen Ursachen für den Anstieg der Unfallzahlen sind oder sein könnten, denn medizinische Studien haben eine Besonderheit der Unfallopfer ans Licht gebracht: E-Biker*innen haben u.a. aufgrund des höheren Altersdurchschnitts häufig solche Vorerkrankungen, die im Hinblick auf die Notfalldaten besonders relevant sind.

3. E-Biker*innen haben häufig Vorerkrankungen

Zu diesem Ergebnis kam die neue Studie des Traumazentrums Oldenburg. Danach waren überdurchschnittlich viele verunglückte Pedelec-Fahrer vorerkrankt. Sie nahmen z.B. dreimal häufiger Blutverdünner ein. Sie können bei einem Kopfanprall schwerwiegende Blutungen begünstigen. Dies alles vor dem Hintergrund, dass Ältere besonders gerne aufs E-Bike steigen. Laut der ReGOM-Studie waren Pedelec-Fahrer mit fast 63 Jahren durchschnittlich 15 Jahre älter als verunglückte Fahrradfahrer. Weitere aktuelle Untersuchungen belegen einen ähnlichen Trend.

Die Barmer wies daher schon 2018 zu recht auf den Nutzen eines Notfall-ID-Chip für Biker hin: „Als Radfahrer ist man aktiver Teil eines risikoreichen Straßenverkehrs. Das ‚Unfassbare‘ passiert schneller als man denkt. Ein Autofahrer übersieht die Vorfahrtsregelung, es kommt zum Unfall. Die Rettung trifft nach wenigen Minuten ein und leistet erste Hilfe. Und genau in dieser Situation kann der Notfall-ID-Chip Hilfe leisten. Auf dem Chip können eigenständig und freiwillig alle wichtigen medizinischen Notfalldaten und Kontaktpersonen hinterlegt werden“ – allerdings handelte es sich hierbei noch nicht um den Chip der Elektronischen Gesundheitskarte, sondern einen separaten Chip, der von der Barmer verteilt und mittels QR-Code ausgelesen werden konnte.

Am Grundvorteil der Notfalldaten ändert sich dadurch nichts:

  • Bei Unfällen entscheiden mitunter Sekunden. Es müssen in kürzester Zeit weitreichende Entscheidungen getroffen werden.
  • Die Kenntnis der Medikationsdaten kann daher präventiv dafür sorgen, dass durch versehentlich falsche Medikation keine schlimmeren Folgen durch Wechselwirkungen entstehen (u.a. bei der Einnahme von Blutverdünnern).
  • Gleiches gilt auch für die Stabilisation und im Einzelfall sogar für eine rasche Heilung, denn gerade bei eigenverschuldeten Unfällen ist die Ursache oft unklar. Notfalldaten können Ärzten helfen, potenzielle Ursachen schneller zu erkennen bzw. mit einiger Wahrscheinlichkeit auszuschließen, um darauf basierend gezielt und schnell gegenzusteuern.

Insofern kann man sogar „negative“ Notfalldaten auf der eGK speichern lassen, die besagen, dass es keine bekannten Vorerkrankungen gibt. Die Info: „Diese Person ist potenziell gesund“ kann für den Notfallarzt auch von Wert sein – vorausgesetzt, dass die Info zuverlässig von einem behandelnden Arzt kommt. Genau das ist bei der eGK der Fall.

Zusammengefaßt heißt das: Für E-Bike-Nutzer*innen sollte die Frage weniger lauten, „ob“ sie Notfalldaten mitführen sollten, sondern „wie“?

4. Neue Broschüre der gematik zur eGK

Notfalldaten gehören auf jeden Fall (auch) auf die eGK, denn nur bei der eGK ist gewährleistet, dass die dortigen Angaben tatsächlich von einem behandelnden Arzt erstellt wurden. Diese Tatsache ist wiederum von hoher Wichtigkeit für die Notfall-Ärzte. Seit Anfang 2021 müssen auch Ärzte und viele weitere Gesundheitsakteure über sog. Konnektoren für die Telematik Infrastruktur der gematik verfügen. Mit ihnen kann die eGK gelesen und beschrieben werden.

Zu Fragen rund um Notfalldaten auf der eGK hat die gematik im Mai 2021 eine neue Broschüre erstellt. Sie informiert u.a. über folgende Fragen:

  • Welche Daten kommen auf die eGK?
  • Wie kann man die Daten auf der eGK hinterlegen lassen?
  • Wie sicher sind die Notfalldaten auf der eGK?

Der Zeitpunkt der neuen Broschüre ist durchaus interessant, da einerseits die Vergütung für Ärzte das Anlegen der Notfalldaten Ende letzten Jahres erhöht wurde – das macht die eGK für Ärzte attraktiver. Andererseits wird seit einiger Zeit diskutiert, ob die Speicherfunktion der eGK zum Jahr 2023 beendet werden soll und danach die Funktion entweder in einer Patientenkurzakte oder der elektronischen Patientenakte (ePA) weitergeführt wird. Doch so oder so: Jedes dieser Systeme verwendet und erfordert die gleiche Infrastruktur – eben die der gematik, über die sowohl Hausärzte, Krankenhausärzte und Notfallärzte bundesweit verfügen (werden). So gesehen ist es egal, ob man die Notfalldaten bis 2023 auf der eGK oder der ePA speichert – wichtig ist, dass sich E-Biker*innen die Relevanz des Themas „Notfalldaten“ für sich erkennen und: Dass der eigene Hausarzt für das Thema in der Regel der richtige Ansprechpartner ist.

Die neue Broschüre der gematik zu Notfalldaten auf der Elektronischen Gesundheitskarte. Sie beschreibt u.a., welche Daten relevant sind und wie man vorgehen sollte. Das Bild zeigt leider recht alte Leute – meiner Meinung nach ist das Thema „Notfalldaten“ für jede Altersgruppe relevant – speziell für „mitteljunge“ & hochfrequente E-Biker*innen mit Vorerkrankungen wie mich.

5. E-Biker*innen als digitale Vorreiter

Nicht nur vor dem Hintergrund der vielen Unfall- und Vorerkrankungs-Statistiken sind E-Biker*innen prädestiniert, das Thema „Notfalldaten“ offensiv anzugehen und bei der Weiterentwicklung digitaler Gesundheitsversorgung voranzuschreiten:

  • Viele E-Biker*innen (aller Altersgruppen) sind überdurchschnittlich digital affin!
  • Viele nutzen Smartphones als mobile Landkarte oder als Navigationssystem.
  • Sie sind überdurchschnittlich gesundheitsbewusst.
  • Viele zeichnen sogar ihre Fitness- bzw. Trainingsdaten mittels App auf.

Die neuste Generation von E-Bike-Boardcomputern wie Bosch Kiox oder Nyon interagiert sogar direkt mit dem Smartphone. Beim E-Bike wachsen Elektromobilität und eHealth vermutlich schneller zusammen als irgendwo sonst! Gleichwohl wird es bei E-Bikern sinnvoll sein, über das Speichern der Notfalldaten hinaus zu denken: Da Notfalldaten auf der eGK noch nicht allzu bekannt bzw. weit verbreitet sind, muss auch dafür gesorgt werden, dass (Notfall-)Ärzte im Fall eines Falles darauf aufmerksam werden, dass der oder die Verunglückte ihre Informationen auf der eGK gespeichert haben.

6. Kampagne für mehr Bewusstsein

Tatsache scheint zu sein, dass selbst Menschen wie ich, die in der digitalen Gesundheitswelt arbeiten, Vorerkrankungen besitzen und leidenschaftliche E-Biker sind, zu wenig über die Notwendigkeit von Notfalldaten nachdenken bzw. wie sie hier vorgehen sollten. Aufgrund der hohen Relevanz gerade bei E-Bikern sei daher eine diesbezügliche Initiative empfohlen, die Betroffene als auch Ärzte verstärkt auf das Thema und die Möglichkeiten hinweist.

Die Kampagne sollte aber auch folgendes thematisieren: Wenn man tatsächlich seine Notfalldaten auf der eGK gespeichert hat, sollte die eGK auch immer mitgeführt werden bzw. es muss für Außenstehende im Notfall erkennbar sein, dass und ggf. wo die eGK-Notfalldaten „am Mann“ oder „an der Frau“ sind. Werden sie im Fall der Fälle vom Notfallarzt schlicht übersehen, sind sie kaum von Wert. Wie eine pragmatische Lösung aussehen kann und sollte, wäre noch zu klären.

Ähnlich ist es im Hinblick auf die Änderung von Gewohnheiten: Ich ertappe mich selbst immer wieder dabei, dass ich zwar stets mein Smartphone, nicht aber jedes Mal meine eGK auf E-Bike-Touren dabei habe. Daher habe ich mir einen Ausdruck der eGK-Notfalldaten vom Arzt machen lassen, den ich nahezu immer mitführe. Natürlich ist auch das noch keine optimale Lösung, aber das Ganze zeigt, dass noch viel Potenzial für innovative Ideen besteht, damit die neuen Digitalen Möglichkeiten im Hinblick auf Notfalldaten optimal genutzt werden können. Hier fällt mir nur eines ein: Co-Creation! Die Beteiligten sollten dafür die Köpfe zusammenstecken und gemeinsam an Lösungen arbeiten.

EMPFEHLUNG

Ob mit Vorerkrankung oder nicht: Die Verwendung der eGK-Notfalldaten ist auf jeden Fall allen E-Biker*innen zu empfehlen.

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